Die Ehe der Maria Braun
nach dem Drehbuch von Märthesheimer/Fröhlich
Premiere: Donnerstag, 10. April 2008   Die Badische Landesbühne Bruchsal
Fotos: hier
Bühne/Kostüme: Ines Unser
Dramaturgie: Christina McCormick
Regieassistenz: Matthias Burger
Darsteller: Maria Braun • Evelyn Nagel
Hermann Braun • Fridolin Richter 
Karl Oswald / Amerikaner • René Laier
Bill / Amerikaner• Nikolaus Szentmiklosi
Marias Mutter / Vevi• Anke Siefken
Betti Klenze / Frau Ehmke• Cornelia Heilmann
Willi Klenze / Schwarzmarkthändler • Helge Gutbrod
Senkenberg / Amerikaner • Christian Birko-Flemming
Dr. Hans Wetzel / Standesbeamter / Amerikaner • Tobias Gondolf
Opa Berger / Rechtsanwalt Dr. Martin• Hannes Höchsmann
Wärter • Matthias Burger
Presse:

Kinofilme auf die Theaterbühne zu bringen, das ist immer so eine Sache. Kann gut gehen, muss aber nicht. Im Fall "Die Ehe der Maria Braun" ist es gut gegangen. Alle Schauplätze sind von Beginn an auf der Bühne versammelt. Büro, Wohnzimmer, Gefängnis, Bar - alles überschaubar. Die Hauptdarstellerin Maria Braun (stark: Evelyn Nagel) wechselt mit wenigen Schritten zwischen den Plätzen hin und her. Nur der jeweilige Partner ist ein anderer. Das brachte der Aufführung eine dichte Atmosphäre. Ohne dabei jedoch in unnötige Hektik oder Betriebsamkeit zu verfallen. Am Ende einer kurzweiligen und gelungenen Aufführung gab es viel Applaus für die Schauspieler. Völlig zu Recht.
Fränkische Nachrichten/mar

Ein straffes Regiekonzept, das stimmige Ambiente und die schauspielerischen Leistungen des Ensembles sorgten für einen gelungenen Abschluss der Bad Saulgauer Theatersaison. Filme als Theaterstücke zu inszenieren, birgt immer das Risiko der Verflachung und des Verlustes an Intensität. Nicht so bei der Inszenierung von Luisa Brandsdörfer. Die Regisseurin setzte eigenständige Akzente und charakterisierte die handelnden Personen nachdrücklich in Einzelszenen, überdies hatte sie ein zügiges Spieltempo vorgegeben - ohne die beliebte Halbzeitpause. Dieses Konzept wurde möglich durch eine ausgeklügelte Bühnenaufteilung.?Zu Beginn der Aufführung schallte der Ohrwurm "Ich tanze mit Dir in den Himmel hinein", aus dem Lautsprecher, unterbrochen von Granateneinschlägen und Sirenengeheul. Ein Hochzeitspaar, der Bräutigam Hermann Braun in Soldatenuniform und die junge Braut Maria mit Spitzenschleierchen auf dem Kopf, stand mit dem Rücken zum Publikum und tauschte die Ringe im Bombenhagel.
Die folgenden Szenen boten Schlaglichter aus einem Deutschland kurz nach Kriegsende: Marias und Freundin Bettys verzweifeltes Warten auf die vermissten Ehemänner, den florierenden Schwarzhandel und die Suche nach Arbeit. Weil Hermann Braun verschollen und tot geglaubt war, verdiente Maria ihren Lebensunterhalt in einer Bar und ließ sich auf ein Techtelmechtel mit dem schwarzen amerikanischen Besatzungssoldaten Bill ein (sehr sympathisch: Nikolaus Szentmiklosi). Braun (Friedolin Richter) indessen hatte überlebt und erwischte seine Frau mit dem Amerikaner beim intimen Tête-à-Tête. Weil sie ihrer großen Liebe Hermann im Herzen die Treue gehalten hatte und nichts sehnlicher wünschte, als mit ihm zusammen zu leben, erschlug Maria den amerikanischen Liebhaber.
Doch auch nach Hermanns Rückkehr gab es für Maria keine Zukunft an der Seite des geliebten Mannes: Hermann nahm den Mord auf sich und saß anstelle von Maria im Gefängnis. Der Richterspruch, der Hermann Braun ins Gefängnis verbannte, war ein dramaturgischer Schachzug mit Gänsehaut-Effekt: Hämisches Gelächter schrillte mit Echoeffekt aus allen Ecken der Bühne - ein zynischer Kommentar zu Marias scheiternder Liebe? Denn tragischerweise hatte sie, so sehr sie sich auch darum bemühte, nie die Chance zu einem gemeinsamen Leben mit Hermann. Erst den Unfalltod am Ende des Stücks erlebten beide ironischerweise als Gemeinsamkeit.?Zuvor jedoch entwickelte sich Maria an der Seite des Industriellen Karl Oswald (weltmännisch-jovial: René Laier) im Eiltempo zu einer Karrierefrau mit Hang zum Vamp, knallhart und egozentrisch, wenn es um Erfolg und Geld ging. Evelyn Nagel gelang die Wandlung der Maria vom unbekümmerten, liebenden Mädchen zur eiskalt taktierenden Geschäftsfrau der Wirtschaftswunderzeit sehr überzeugend.?Wie bei der Badischen Landesbühne üblich, deckten etliche Schauspieler des Ensembles gleich mehrere Rollen ab. So war Tobias Gondolf Arzt, Standesbeamter, Amerikaner und Journalist in Personalunion. Dass auch die Nebenrollen trotz Mehrbelastung der Akteure sorgfältig ausgestaltet waren, verdient ein Kompliment.
Schwäbische Zeitung

Atmosphärisch dicht und ohne Pause entwirft das famose Ensemble um eine glänzende Evelyn Nagel (Maria Braun) intensive Stimmungsbilder und krasse Milieustudien. Trefflich vollzieht Nagel zum Klang alter Schlager aus dem Radio beim Verschieben der moralischen Werte auch die eigene Wandlung von der Romantikerin zur Frau im Business-Kostüm.
Heilbronner Stimme/Monika Köhler

Die kluge Inszenierung von Luisa Brandsdörfer änderte nichts an Fassbinders Attacke gegen die materialistisch eingestellte Nachkriegsgesellschaft. Die schauspielerische Leistung Evelyn Nagels in der Rolle der Maria Braun zerstreute die Befürchtungen, dass sich der Zuschauer nach Hanna Schygullas Darstellungskunst sehnen werde. Mit herbem Charme mischte Evelyn Nagel die emotionalen Befindlichkeiten einer Frau, die sich durch den Krieg um ihr Leben betrogen fühlt. Halb Idealistin, halb Opportunistin, kühl berechnend und zugleich triebgesteuert, lässt sie sich mit einem farbigen GI und schließlich mit einem Textilfabrikanten ein.?Die einzelnen Rollen in der Bruchsaler Inszenierung wurden von den Darstellern nicht nur typisiert, sondern auch psychologisiert. Der bildungsbeflissene Ehemann Hermann Braun (Fridolin Richter), der nach Leben dürstende Unternehmer (René Laier), der von Helge Gutbrod großartig charakterisierte Willi Klenze, der gutmütige Amerikaner Bill (Nikolaus Szentmiklosi) und der angestellte Senkenberg als einziger Fels in der anbrandenden Amoral sicherten diesem Theaterabend eine nachhaltige Wirkung.
Donau Zeitung/Erich Pawlu