Die Hand Gottes - Frei nach Diego Maradona
von Jörg Steinberg
Premiere: Samstag, 20. Mai 2006   Hessisches Landestheater Marburg
Fotos: hier
Bühne/Kostüme: Ilka Kops
Dramaturgie: Jürgen Sachs
Regieassistenz: Juliane Nowak
Darsteller: Odin • Thomas Streibig
Frigga • Regina Leitner
Die Nornen • Juliane Beier
Barbara Schwarz
Juliane Nowak
Thor / Brodersen • Christian Holdt
Jan-Ole Kreuz / Nielssen / Schiedsrichter • Carl Pohla
Marius Balzer / Jenssen / Zeugwart • Daniel Sempf
Presse:

Premiere Fußball-WM kann kommen: Odin regelt die Kleinigkeiten
Marburg. „Die Hand Gottes“ ist das zweite Fußballstück, dass innerhalb einer Woche in Marburg Premiere hatte. Die Fußball-WM kann also kommen.

.Regisseurin Luisa Brandsdörfer hat „Die Hand Gottes“ als kurzweilige Einstimmung auf die WM inszeniert: Die Nornen (Juliane Baier, Barbara Schwarz und Juliane Nowak) wachen im knappen Dirndl über das Schicksal der Welt und haben immer ein Auge auf die Götter.
Denn längst haben auch die Recken aus Asgard Gefallen an dem Spiel der Menschen gefunden. Allen voran Odin: Der Götterboss ist dem Fußball verfallen und setzt alles daran, seinen „Roten“ wieder einmal zur Meisterschaft zu verhelfen – mit nicht immer lauteren Mitteln. Dabei riskiert er sogar, aus Asgard verbannt zu werden.
Thomas Streibig spielt mitreißend komisch diesen Gott, dem der Götteralltag zu langweilig geworden ist.
Regina Leitner spielt die Göttin mal erotisch-lasziv, mal wütend, mal gerissen: Im Grunde ist sie ihrem Mann immer einen Schritt voraus – zumal sie noch den hitzigen, Hammer schwingenden Rotschopf Thor (Christian Holdt) auf ihrer Seite weiß: Der hat sich auf die Seite der „Blauen“ geschlagen.
So nimmt das Schicksal auf der von Ilka Kops entworfenen Stadiontribüne seinen unterhaltsamen Lauf. Selbst die Schicksalsgöttinnen hält es nicht immer am Weltenbaum:
Mit Sonnenbrillen getarnt stürmen sie als Cheerleader an den Spielfeldrand, nie um eine Fußballweisheit verlegen: „Es geht nicht nur um Leben und Tod, es geht um mehr.“
Die 75 Minuten vergehen wie im Flug. „Die Hand Gottes“ ist eine witzige Klamotte über ein Spiel, dass allzuoft sehr ernst genommen wird – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Geeignet für Fußballfans und Fußballgegner gleichermaßen.
Oberhessische Presse Uwe Badouin

Das Hessische Landestheater Marburg Jörg Steinberg: Die Hand Gottes – eine Komödie frei nach Diego A. Maradona Premiere: 20. 5. 20

...Der Einfall, der dem das Stück dann doch einige komödiantische Momente gibt, ist, der Titel deutet es an, Maradonas berühmt-berüchtigtes Handtor zur 1:0-Führung Argentiniens gegen England im WM-Viertelfinale von Mexiko. Steinberg nimmt die Erklärung des Spielers, es sei die „Hand Gottes“ gewesen, wörtlich und führt eine ganze Schar von germanischen Göttern ein, die sich ausschließlich um den Fußball, das „göttliche Spiel“, kümmern, untereinander um Niederlagen und Siege ihrer Mannschaften feilschen, Spieler bestechen, Spielausgänge manipulieren und dabei auch schon einmal erdenähnliche Ehekrisen riskieren. Das himmlische Treiben der Götter jedenfalls sieht sehr irdisch aus und so vermengen sich im Fußball oben und unten, Göttliches und Irdisches auf wundersame Weise.

Erträglich wird der gut siebzig Minuten lange Theaterabend im TASCH weniger durch das Stück, das letzten Endes Fußball-Unsinn bleibt, als durch die straffe Inszenierung und die guten Schauspielerinnen und Schauspieler des HLT-Ensembles.
Marburger Forum

König Fußball regiert auch die Theaterwelt

Jörg Steinbergs »Die Hand Gottes« hatte Premiere am Marburger Schauspiel. Was haben Fußball und Götter gemeinsam? Eigentlich nichts, einmal ganz abgesehen von der Bezeichnung »Fußball-Gott«, die nur einer geringfügigen Anzahl an Weltklassespielern je auf dem grünen Schlachtfeld zugedacht worden ist. Zwar gibt es nur einen Kaiser in der wahren Fußballwelt, doch in Luisa Brandsdörfers Inszenierung der Komödie »Die Hand Gottes« von Jörg Steinberg, die am Samstag am Theater am Schwanhof in Marburg Premiere feierte, gibt es dafür den einzigartigen Gottvater Odin. Odin, gespielt von Thomas Streibig, der – wie immer – in seiner Rolle glänzte, kann seine Götterfinger nicht aus dem so irdischen Sport lassen und lenkt sowohl als Sportfunktionär Mayer-Braun als auch in der Gestalt einer ältlichen Putzfrau – auf diese Weise waren die Lacher an diesem Abend ganz sicher auf seiner Seite – das Schicksal der Mannschaften »Blau« und »Rot«. Obwohl der Göttervater sich bewusst ist, dass gerade die Götter sich nicht in das zweckfreie irdische Treiben einmischen sollten, woran ihn seine Gemahlin Frigga (im sogenannten »kleinen Schwarzen« die äußerst attraktive Regina Leitner) gerne und energisch erinnert, lässt Odin keine Intrige aus, um König Fußball auf seinen Thron zu heben.Wie zweck- beziehungsweise sinnfrei einige Aussprüche reell existierender Fußballer, Trainer oder Funktionäre wirklich sind, verdeutlichen die Nornen Urd (Juliane Beier), Verdandi (Barbara Schwarz) und Skuld (Juliane Nowak), die in skurrilen Oktoberfest-Trachten zwischenzeitlich als Chearleader fungieren und Weisheiten rund um das Leder zum Besten geben. Neben diesen drei Kostüm-Blickfängen, für die Ilka Kops verantwortlich ist, sei auch noch auf das Bühnenbild verwiesen. Denn als sich der Vorhang zu Bob Sinclairs »Love Generation« – der musikalischen Einstimmung auf die Fußballweltmeisterschaft – an diesem Abend hob, eröffnete sich ein Blick auf eine die komplette Bühne einnehmende Fußballtribüne, die echtes Stadiongefühl vermittelte, auch wenn die drei Fans (Bernd Kruse, Christian Müller, Christopher Simon) sich eher gelangweilt auf ihre Currywurst konzentrierten....Und so muss Odin schmerzlich feststellen, dass sein eigener Sohn Thor (Christian Holdt verkraftet die Doppelrolle genau wie seine Kollegen wirklich gut) sich aktiv in die Geschehnisse auf dem Rasen einmischt, denn niemand anderer verbirgt sich hinter dem Trainer Brodersen. Bei so vielen Intrigen, Versteckspielen und Schmiergeldern, die da am Spielfeldrand fließen, fällt es nicht leicht den Überblick zu behalten. Doch es kommt wie es kommen muss: Odin missachtet jegliche Warnung vor den Konsequenzen seines Handelns und muss schließlich die Götterwelt verlassen. Er geht, in der Hand eine IKEA-Tüte und am Ende bleibt eigentlich nur noch eines zu sagen: »Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien«. Leichte Unterhaltung zu einem Thema des Jahres. Giessener Allgemeine ort